Liebe Gemeinde!
Als Fußball-Fan verfolge ich nicht nur Spiele „meiner“ Preußen, sondern beobachte auch manchmal amüsiert, manchmal irritiert, das Drumherum im Profigeschäft. In den letzten Jahren hat sich dabei das sog. „Transferfenster“ als ein Nebenaspekt gezeigt, der immer mehr Aufmerksamkeit bekommt. Dabei geht es darum, welcher Spieler zu welchem Preis zu welchem Verein wechselt. In diesem Sommer war der deutsche Stürmer Nick Woltemade DAS große Thema. Dabei wurde Max Eberl, der Manager von Bayern München, der den Spieler gerne verpflichtet hätte, gefragt, ob der Spieler denn die geforderten 80 Millionen Euro wert sei. Seine Antwort „Der Markt macht den Preis – ob der Spieler das wert ist, ist eine andere Frage.“ Wie viel ist ein Mensch „wert“? Ist er nur dann etwas wert, wenn er nützlich ist, er ver-wert-bare Eigenschaften hat? Wenn er etwas leisten kann? Im Spitzenfußball liegt die Antwort auf der Hand, aber auch im Alltag scheint mir, verschieben sich die Maßstäbe. Da geht es immer häufiger darum, dass wir mehr arbeiten sollen um zur Wertschöpfung beizutragen; dass Asylbewerber nur dann bleiben dürfen, wenn sie etwas leisten können und dass die zaghaften (und unvollkommenen) Ansätze zur Inklusion wieder zurückgedreht werden, weil wir uns das eben nicht mehr leisten können. Wir sollen alle mehr liefern. Wer hingegen fragt, ob ein Konzernvorstand trotz schlechter Ergebnisse 50 oder gar 100 Mal so viel verdienen muss wie der Durchschnitt seiner Angestellten, dem wird schnell Neid unterstellt, statt ernsthaft zu fragen, was dessen Leistung wirklich wert ist. Und einen namhaften Politiker hätte es vor einigen Jahren fast die Karriere gekostet, als er indirekt infrage gestellt hat, ob 85-jährige es noch wert wären, dass sie ein neues Kniegelenk bekommen. Wie viel ist ein Mensch also wert? Oder wann ist ein Mensch etwas wert? Als Christ:innen haben wir die Vorstellung, dass jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist und als solches jedem die gleiche Würde zukommt. Unabhängig von dem was er kann, was sie leistet oder welche Rolle er oder sie hat. Und trotzdem sind wir unterschiedlich. Egal ob Nick Woltemade oder die Frau an der Supermarktkasse, der Müllwerker oder die Chefärztin: die eine verdient mehr, der andere weniger – aber das macht sie nicht zu Menschen, die mehr oder weniger wert sind. Bevor Sie das nächste Mal also den Kopf schütteln über die Summen im Profifußball oder bei DAX-Vorständen überlegen Sie kurz: Mit welcher Wert-Schätzung blicke ich auf die Menschen um mich herum? Nicht nur auf die, die ich mag, sondern gerade auf die, die mir fremd sind? Und am Ende sind Fußballer auch nur Menschen, wenn auch mit einem etwas höheren Gehalt, meint
Ihr Pastoralreferent Hendrik Werbick