Liebe Gemeinde!
Mit Palmsonntag beginnt die Karwoche. Das Wort „Kara“ kommt aus dem althochdeutschen, was Klage, Kummer oder Trauer bedeutet. Damit starten wir in die letzte Fastenwoche vor den Ostertagen. Doch der Einzug Jesu in Jerusalem hat wenig mit Klage, Kummer oder Trauer zu tun. Ganz im Gegenteil. Jesus und die Jünger erleben vielmehr Euphorie, Freude und Lebendigkeit. Kinder reißen Palmzweige von den Bäumen, Menschen werfen ihre Kleidung vor dem Herrn zu Boden. So, oder so ähnlich, feiern auch wir heute noch diesen Tag. Unsere Kinder sammeln Buchsbaumzweige und basteln schöne Palmstöcke. In den Palmsonntagsgottesdiensten schwenken sie ihre bunten Stöcke und feiern, dass Jesus in Jerusalem eingezogen ist. Genauso, wie die Menschen damals. Doch nur wenige Tage später stand dasselbe Volk da und wollte ihn am Kreuze sehen. Was ist passiert? Heute würden wir von fakenews sprechen. Falsche Behauptungen und viel Propaganda, die dazu führte, dass aus dem langersehnten König ein Gekreuzigter wurde. Die persönlichen Interessen der Schriftgelehrten und Pharisäer standen über dem, was richtig und gut war. Ebenso die politischen Interessen und die Sorge der römischen Besatzer, dass es zu Unruhen kommen könnte. Mit Parolen und Hetzen wurde über Jesus hergezogen, bis das ganze Volk gegen ihn war. Über 2.000 Jahre ist es her. Und was hat sich bis heute getan? Noch immer sind viele von uns für etwas (zu) schnell zu begeistern. Und ebenso schnell, kann sich unsere Meinung ändern. In der Politik wird mit Propaganda auf Stimmenfang gegangen. In unserem Alltag interessieren uns Tratsch und Gerüchte oft mehr als das, was wirklich dahintersteht und wichtig ist. Die Fastenzeit ist nicht nur eine Zeit um auf Süßigkeiten, oder andere leibliche Annehmlichkeiten zu verzichten. Sie ist auch eine Zeit, sich über die eigenen Verhaltensweisen bewusst zu werden. Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um? Rede ich mit ihnen oder über sie? Und eben nicht nach dem Motto: „Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht.“ Der Palmsonntag erinnert mich immer wieder daran, wie beeinflussbar, leichtgläubig und manchmal naiv wir Menschen sein können. Und gleichzeitig hat uns Gott alles Rüstzeug an die Hand gegeben, damit wir frei, verantwortungsbewusst und wahrhaftig in unserem Leben handeln können. Lassen Sie es uns immer wieder versuchen.
Ihr Pastoralassistent und Diakon Daniel Werner